Navigator Baurecht- ein Tool für den Baupraktiker

 

Uwe Schiemann, Baidirektor i.R., hat mit Unterstützung der Architekten Jürgen Kröger aus Elmshorn, Rolf Lebang aus Ellerau und des Ingenieurbüros Michael Roß aus Elmshorn ein kostenfreies Tool für den Baupraktiker entwickelt und die Bauvorschriften der Länder Schleswig- Holstein, Hamburg und Mecklenburg- Vorpommern systematisch erfasst. Über eine Stichwortsuche findet der Anwender rasch die einschlägigen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes mit entsprechender Verlinkung.

 

Der Navigator ist hier zu finden:

 

www.navigator-baurecht.de

 

"Schlechtwetter" kommt nur selten vor

19.10.2010

Der Winter steht vor der Tür. Wenn er so kalt wird, wie der vergangene, könnte schlechtes Wetter wieder für Verzögerungen auf deutschen Baustellen sorgen. Dann heißt es wie so oft: Wer zahlt für die verlängerte Bauzeit durch Frost und Witterung? Die Frage birgt Konfliktpotenzial, denn nicht alle Bauzeitverzögerungen sind wirklich gerechtfertigt, betont die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV).

 

Das Problem Witterung und Bauzeit regelt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleis-tungen (VOB/B in § 6 Abs. 2 Nr. 2). Demnach gelten Wetterbedingungen, mit denen unter normalen Umständen gerechnet werden muss, nicht als Behinderung. Der Bauunternehmer hat also auch bei relativ schlechtem Wetter noch keinen Anspruch auf eine Verlängerung der Bauzeit. Er muss den Bau trotz Schnee und Eis fristgerecht fertig stellen. Die VOB/B erlaubt allerdings Ausnahmen von dieser Regelung, unter anderem bei „höherer Gewalt“ und „unabwendbaren Umständen“. Extrem schlechtes Wetter zählt dazu.

 

Was aber ist schlechtes Wetter? Ab wann darf sich der Bauunternehmer auf das sprich-wörtliche „Schlechtwetter“ berufen? Der Bundesgerichtshof hat dazu bereits 1973 ein Urteil gefällt (BGH, Urteil vom 12.07.1973 – VII ZR 196/72). Dabei haben die Richter genaue Vorgaben gemacht. Als besonderes Witterungsereignis gilt beispielsweise eine tägliche Niederschlagsmenge von 64 Millimeter pro Quadratmeter, wenn die maximale durchschnitt-liche Niederschlagsmenge bei 40 bis 50 Millimeter pro Quadratmeter am Tag liegt. Auch lang anhaltende ungewöhnliche Kältewellen im Winter zählen zu diesen besonderen Witte-rungsereignissen. Die ARGE Baurecht erinnert an typische Beispiele, wie den Winter 1978/79 in Norddeutschland, auch der ungewöhnlich starke Eisregen 1978 zählt dazu oder der strenge Winter 1995/96.

 

Die ARGE Baurecht bringt es auf den Punkt: Wenn die Bundeswehr auf den Dächern steht, um der Schneemassen Herr zu werden, dann ist von einem besonderen Wetterereignis auszugehen. In solch einem Fall verlängert sich die Bauzeit. Der Bauunternehmer muss den Bauherrn unverzüglich und schriftlich darüber informieren, wenn er wegen der Witterung nicht weiter arbeiten kann. Und er muss die Arbeiten unverzüglich fortsetzen, sobald es das Wetter wieder zulässt.

 

Insgesamt allerdings, so die ARGE Baurecht, sind solche besonderen Witterungsereignisse eher die Ausnahme. Als Beurteilungsgrundlage ziehen Rechtsexperten in der Regel die Mittelwerte des Wetterdienstes heran und zwar über einen Zeitraum von zehn Jahren. Weil gerade das Wetter immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer führt, rät die ARGE Baurecht allen am Bau Beteiligten, die Regelung nicht der VOB/B zu überlassen, sondern rechtzeitig im Vertrag detaillierte Regelungen festzuschreiben. Das gilt auch für den kommenden Winter.

 

 

Fertighauskäufer müssen Sicherheiten stellen

21.09.2010

Für Verunsicherung unter Fertighauskäufern sorgt ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai diesen Jahres (AZ: VII ZR 165/09). Der BGH hat entschieden: Fertighausanbieter dürfen von ihren Kunden vor Baubeginn eine Bankbürgschaft über den endgültigen Kaufpreis verlangen, soweit dies im Bauvertrag geregelt ist. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.

 

Der BGH bestätigte mit seinem Urteil die Praxis eines Fertighausherstellers, der in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine 100-prozentige Zahlungsbürgschaft von seinen Bauherren verlangte. Nach der strittigen Klausel müssen die Kunden spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditinstituts in Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung zur Absicherung aller sich aus dem Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorlegen. Auch die zusätzlichen Kosten, die für die Stellung der Bürgschaft anfallen, sind nach dem BGH-Urteil dem Kunden zumutbar, und zwar, weil sie angesichts der Kaufsumme für das gesamte Haus kaum ins Gewicht fallen.

 

Sabina Böhme, Mitglied der ARGE Baurecht und Baufachanwältin in Berlin rät privaten Bauherren, die ein Fertighaus kaufen möchten, unbedingt zu verhandeln. „Der BGH hat mit seinem Urteil zwar die Rechtmäßigkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines einzelnen Fertighausherstellers bestätigt, aber das bedeutet nicht, dass nun alle Fertighauskäufer automatisch den vollen Kaufpreis als Sicherheit hinterlegen müssen.“ Der Fertighauskäufer sollte versuchen, die Höhe der Bürgschaft oder Sicherheit auf 50 Prozent der Kaufsumme zu halbieren oder sie zumindest deutlich zu reduzieren. „Die Vertragspartner haben hier völlige Verhandlungsfreiheit“, erinnert Sabina Böhme.

 

Alternativ zur Zahlungsbürgschaft können Fertighaushersteller von ihren Vertragspartnern, den privaten Bauherren, zur Sicherung ihrer Forderungen auch die Einräumung einer Sicherungshypothek in das Baugrundstück (nach § 648 Abs. 1 BGB) verlangen – also die Eintragung ins Grundbuch.

 

Der BGH begründete sein Urteil vom 27. Mai 2010 mit den enormen finanziellen Vorleistungen des Fertighausunternehmers. Im Gegensatz zum Bauen Stein auf Stein müssen Fertighaushersteller mit hohen Summen in Vorlage gehen und können die Produktion eines einmal begonnenen Hauses in ihren Werkshallen auch nicht unterbrechen oder der Zahlungsfähigkeit eines Bauherren anpassen. Sie müssen deshalb sicher sein, dass sie nach dem Aufbau des Hauses die Gesamtsumme auch bekommen. Im Übrigen muss die Zahlungsbürgschaft nicht nur den Grundpreis des Gebäudes decken, sondern den Gesamtpreis einschließlich aller Mehr- (und natürlich auch Minder-)kosten durch Sonderwünsche.

 

Die ARGE Baurecht rät allen Bauherren, die sich mit dem Kauf eines Fertighauses befassen, frühzeitig die Vertragsbedingungen der Hersteller zu prüfen. Dabei sollten auch die Kündigungsfristen beachtet werden: Im vom BGH entschiedenen Fall hat der Fertighaushersteller das Recht, den Vertrag zu kündigen, wenn die Bürgschaft des Bauherrn nicht spätestens acht Wochen vor Baubeginn vorliegt. Wer hier also schludert, der bekommt die Kündigung und steht dann erst einmal wieder mit leerem Grundstück da. Das zieht Ärger nach sich, beispielsweise, wenn die Wohnung schon gekündigt und der Umzugsurlaub eingereicht sind. Die ARGE Baurecht empfiehlt des weiteren, sich rechtzeitig um die Finanzierung zu kümmern und eine Bank oder Versicherung zu suchen, die die Bürgschaft übernimmt.

 

„Bauherren sollten nicht vergessen, im Vertrag auch die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu regeln“, erinnert Rechtsanwältin Böhme. „Ist das Haus bezahlt, muss der Fertighaushersteller dem Käufer die Bürgschaftsurkunde zurückgeben. Je früher desto besser, denn solange die Bürgschaft läuft, kostet sie den Bauherren Geld.“

 

 

 

Wärmedämmung darf nicht auf Nachbars Grundstück ragen

 

Viele Hausbesitzer möchten Energie sparen und ihre Immobilie zeitgemäß dämmen. Bei freistehenden Häusern ist das kein Problem. Sie lassen sich ringsum mit einer schützenden Dämmschicht einpacken. Was aber, wenn das Haus auf der Grenze steht? Darf der Eigentümer dann trotzdem dämmen, auch wenn die gedämmte Fassade anschließend auf Nachbars Grundstück ragt?

Nein, das darf er nicht, warnt die Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV) und wird dabei durch aktuelle Rechtssprechung bestätigt. Erst am 9. Dezember 2009 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe einen konkreten Fall entschieden: Der Nachbar muss eine auf sein Grundstück ragende Dämmung nicht akzeptieren (OLG Karlsruhe - 6 U 121/09).

Damit haben Millionen Hausbesitzer in Deutschland ein Problem, denn der Hausbau auf der Grenze ist typisch für alte Orts- und Stadtkerne. Vor allem in Dörfern und Kleinstädten grenzten Hofreiten in der Regel mit einer Fassade des Wohnhauses an Nachbars Grundstück. Auch die in den Nachkriegsjahren beliebten Ketten- und Atriumhäuser stehen oft mit einer Seite beim Anrainer. Soll diese Hausfront gedämmt werden, dann ragt nicht nur die Dämmung in Zukunft auf Nachbars Grund, sondern auch die Handwerker, die das System monieren, müssen zwangsläufig über Nachbars Grundstück und von dort aus arbeiten.

Dieses Problem hat der Gesetzgeber geregelt: Nachbarn haben ein so genanntes Hammerschlags- und Leiterrecht. Das heißt, sie dürfen den Grund des Anrainers betreten, um am eigenen Haus notwendige Arbeiten auszuführen – sofern es keine Alternativen gibt. Außerdem müssen die Bauherren schonend mit Nachbars Besitz umgehen und eventuelle Schäden ersetzen, gegebenenfalls sogar Miete bezahlen. Sie müssen zügig arbeiten, sich an Ruhezeiten halten und dürfen den Nachbarn nicht unnötig beeinträchtigen. Die frühzeitige Information des Nachbarn über die geplante Maßnahme liegt im Interesse des Bauherrn, denn, so warnt die ARGE Baurecht: Schaltet der Nachbar auf stur, darf der Bauherr sich nicht über ihn hinwegsetzen. Er muss dann sein Hammerschlags- und Leiterrecht erst einklagen.

Geregelt haben Bund und Länder auch viele Fragen der Überbauung. Unter Umständen dürfen Hausbesitzer mit Gesimsen, Fensterbänken oder anderen so genannten untergeordneten Bauteilen in den Luftraum des Nachbarn hineinbauen. Natürlich nur, sofern diese Bauteile auch genehmigt sind. Eine dicke Wärmeschicht gehört allerdings nach Ansicht des Karlsruher Oberlandesgerichts nicht zu diesen untergeordneten Bauteilen und muss deshalb vom Nachbarn auch nicht hingenommen werden.

Das Problem der grenzüberschreitenden Wärmedämmung ist noch nicht grundsätzlich geregelt, einige Länder, unter anderem Hessen, arbeiten hier an neuen Regelungen. Sanierungswillige Hausbesitzer sollten inzwischen nach Möglichkeit versuchen, sich mit ihren Nachbarn zu einigen. Ist beim Nachbar ausreichend Platz auf dem Grundstück, lässt sich möglicherweise eine Grenzregelung aushandeln. Entweder bekommt der Nachbar eine so genannte Überbaurente, oder eine Abfindung für die überbaute Fläche. Die ARGE Baurecht rät, die ausgehandelte Vereinbarung unbedingt schriftlich zu formulieren und sogar ins Grundbuch eintragen zu lassen, damit sich auch spätere Grundstückseigentümer noch daran halten müssen.

 

Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund: Wenn, dann sofort!

 

1. Die Zurückweisung berechtigter Mehrkosten durch den Auftraggeber kann den Auftragnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. An der hierfür notwendigen Gefährdung des Vertragszwecks fehlt es jedenfalls aber dann, wenn die Mehrkosten 1,5% der Nettovertragssumme nicht überschreiten.
2. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nur innerhalb einer angemessenen Frist ab Kenntnis des Kündigungsgrunds zulässig. Eine erst zwei Monate nach der Zurückweisung der Mehrkosten erklärte Kündigung ist deshalb verfristet.

OLG Schleswig, Urteil vom 11.03.2011 - 5 U 123/08; BGH, Beschluss vom 23.05.2012 - VII ZR 73/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen), IBR 2012, 574



Fazit: Wenn tatsächlich ein erheblicher Grund für eine Kündigung vorliegt, sollte zeitnah reagiert werden.

Vertragsstrafe für Verzug mit Beginn und Fertigstellung unwirksam

 

Die Festlegung einer kumulierten Vertragsstrafe von jeweils 0,2% der Brutto-Auftragssumme für jeden Werktag bei Beginn und Fertigstellung in AGB des Auftraggebers ist selbst dann unwirksam, wenn eine Obergrenze von 5% vereinbart ist

 

OLG Nürnberg, 24.03.2010, Az: 13 U 201/10

veröffentlicht: www.ibr-online.de

 

 

Schluß mit dem Mißbrauch der Prüfbarkeit von Rechnungen

17.08.2010

„Der Bundesgerichtshof hat am 22. April 2010 mit einer alten Unsitte am Bau Schluss gemacht – dem Missbrauch der Prüfbarkeit von Rechnungen“, erläutert Heike Rath, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Mit dem neuen Urteil (Aktenzeichen: VII ZR 48/07) haben Auftragnehmer nun die Gewissheit, dass sich die Auftraggeber nicht mehr auf formale Positionen zurückziehen können, sondern sich mit der Forderung inhaltlich auseinandersetzen müssen.“

Die jahrzehntelang übliche Praxis, Rechnungen zurückweisen zu können, wenn auch nur ein einzelner Abschnitt nicht prüfbar war, hat damit ein Ende. „Bislang konnten Auftraggeber die Rechnung eines Unternehmers schon wegen kleiner Ungereimtheiten ablehnen“, erläutert Baufachanwältin Rath. „Das war eine regelrechte Einladung zum Missbrauch, und mancher Auftraggeber hat damit Schindluder getrieben und monatelang gar nichts bezahlt, bis die Sache geklärt war.“

Der Gesetzgeber hat das Problem bereits vor einigen Jahren erkannt und versucht, Missbrauch vorzubeugen, indem er dem Unternehmer bei der verzögerten Auszahlung unbestrittener Guthaben hohe Zinsansprüche einräumt. Das bewährt sich allerdings in der Praxis nur begrenzt, denn viele Unternehmer setzen ihre Ansprüche auf Zinsen nicht durch, um die Geschäftsbeziehung mit dem Auftraggeber nicht zu belasten.

„Mit dem neuen Urteil hat der BGH die Rechte der Bauunternehmer erheblich gestärkt. Laut BGH ist die Prüfbarkeit kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die Abrechnung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu beschleunigen“, erläutert Heike Rath. „Bauverträge leben von der Kooperation der Vertragspartner. Der Auftragnehmer muss die Rechnung liefern, und der Auftraggeber muss sie prüfen und das Ergebnis mitteilen. Nicht prüfbare Rechnungen“, weiß Heike Rath aus langjähriger Erfahrung, „sind Exoten.“ In der Regel diente das Argument nur dazu, Auszahlungen auf die lange Bank zu schieben. Jetzt muss der Auftraggeber zahlen. Lediglich die Bezahlung des beanstandeten Teils der Rechnung kann er noch zurückhalten, bis dieser auch geklärt ist. Damit ist für viele Firmen die ständige Gefahr der Insolvenz gebannt.

 

Fristlose Kündigung/Kündigung aus wichtigem Grund: Wenn schon, dann sofort!

 

1. Die Zurückweisung berechtigter Mehrkosten durch den Auftraggeber kann den Auftragnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. An der hierfür notwendigen Gefährdung des Vertragszwecks fehlt es jedenfalls aber dann, wenn die Mehrkosten 1,5% der Nettovertragssumme nicht überschreiten.
2. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nur innerhalb einer angemessenen Frist ab Kenntnis des Kündigungsgrunds zulässig. Eine erst zwei Monate nach der Zurückweisung der Mehrkosten erklärte Kündigung ist deshalb verfristet.

OLG Schleswig, Urteil vom 11.03.2011 - 5 U 123/08; BGH, Beschluss vom 23.05.2012 - VII ZR 73/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen), IBR 2012, 574

 

Fazit: Wer aus wichtigem Grund kündigen kann und will, sollte sofort reagieren und das nicht auf die lange Bank schieben.

 

 

In eigener Sache: Dipl. ing Markus Luthe mit erweitertem Kompetenzspektrum

 

Die von Herrn Dipl.Ing Markus Luthe geführte Ingenieurgesellschaft lfk hat ihr Kompetenzspektrum erweitert und bietet aus aktuellem Anlass ab sofort folgende Leistungen an:


- Planung sowie Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe für Kampfmittelerkundungsmaßnahmen
- Probenahme von Trinkwasser durch nach der Trinkwasserverordnung zertifizierte Probenehmer und Durchführung von chemischen und
  mikrobiologische Untersuchungen (Blei, Legionellen etc) durch ein von den zuständigen Behörden zugelassen Labor. 

 

Die Dienstleistungen richten sich insbesondere an Projektentwickler und Bauträger und im Hinblick auf die neue Trinkwasserverodnung an Eigentümer von Bestandsimmobilien

 

Zwei Urteile mit erheblicher Praxisbedeutung:

Abschlagszahlungen auf Nachtragsleistungen ohne Einigung über die Vergütung

27.11.2012

Ein Anspruch auf Vergütung von Nachtragsleistungen setzt nicht die Vereinbarung der Vergütung voraus.

Ausgangssituation:
Der Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung von geänderten oder zusätzlichen Leistungen gemäß §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B entsteht mit der Anordnung der geänderten oder zusätzlichen Leistung durch den Auftraggeber. Der Auftraggeber ist berechtigt, Abschlagszahlungen für die geänderte oder zusätzliche Leistung zu verlangen, auch wenn eine Einigung über die Vergütung aussteht.

Beispiel:
(Nach BGH, Beschluss vom 24.05.2012 – VII ZR 34/11)
Der Bauunternehmer stellt Abschlagsrechnungen für erbrachte Leistungen, die der Bauherr auf der Grundlage eines unter Einbeziehung der VOB/B geschlossenen Bauvertrages zusätzlich angeordnet hat. Die Abschlagsrechnungen werden erst nach einem langwierigen Prüfungsverfahren für die Nachtragsforderungen beglichen. Im Zuge dieses Prüfungsverfahrens haben sich die Parteien auf eine dem Bauunternehmer für die zusätzlich geforderten Leistungen zustehende Vergütung geeinigt. Diese liegt unterhalb der zunächst beanspruchten und abgerechneten Nachtragsvergütung.

Der Bauunternehmer hatte die Abschlagsrechnungen vor Abschluss des Prüfungsverfahrens gestellt und dem Bauherren nach Ablauf der Frist von 18 Werktagen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B eine Nachfrist zur Zahlung gemäß § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B gesetzt. Ab dem Ablauf der Nachfrist beansprucht der Bauunternehmer Zinsen.

Der BGH stellt fest, dass der Anspruch auf Vergütung von zusätzlichen Leistungen, welche auf Anordnung des Auftraggebers erbracht werden, mit der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts des Auftraggebers entsteht. Der Anspruch hängt nicht davon ab, dass die Parteien vor Beginn der Ausführung eine Vergütung vereinbaren. Unterbleibt eine Vereinbarung über die Vergütung, so ist diese unter Berücksichtigung der sich aus § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B beziehungsweise im Falle der geänderten Leistung aus § 2 Abs. 5 Satz 1 VOB/B ergebenden Vorgaben zu ermitteln. Sofern die Parteien keine andere Regelung getroffen haben, ist der Anspruch auf Abschlagszahlungen für erbrachte zusätzliche oder geänderte Leistungen 18 Werktage nach Zugang der Abschlagsrechnung fällig, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B. Der Bauunternehmer ist berechtigt, unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B Verzugszinsen wegen Nichtbezahlung dieser Vergütung zu verlangen.

Hinweis:
Die Entscheidung des BGH hat erhebliche Bedeutung für die Sicherstellung der Liquidität des Bauunternehmers. Der Bauunternehmer kann vom Auftraggeber angeordnete zusätzliche oder geänderte Leistungen unmittelbar nach der Leistungserbringung berechnen. Die Abrechnung muss lediglich prüfbar sein. Selbst wenn eine überhöhte Vergütung geltend gemacht wird, so besteht der Anspruch auf die berechtigte Nachtragsvergütung sowie die gegebenenfalls hierauf anfallenden Zinsen. Der Bauherr kann sich dem Anspruch auf Abschlagszahlung nicht dadurch entziehen, dass er vorformulierte, vertragliche Regelungen schafft, welche den Vergütungsanspruch von einseitigen Handlungen des Auftraggebers, beispielsweise von einem Prüfungsverfahren oder auch von einer Einigung über die Vergütung abhängig machen. Entsprechende Klauseln verstoßen regelmäßig gegen die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Abschlagszahlungsregelung gemäß § 632 a BGB. Dies hat auch das Landgericht Frankfurt/Main mit Urteil vom 03.12.2007 – 3/1 O 104/07 zu den Regularien des kontierten Einkaufs der DB AG entschieden, welche die Bezugnahme jeder Rechnung auf einen Bestellschein voraussetzen.

Abschließend sei bemerkt, dass § 16 VOB/B in der aktuellen Fassung 2012 eine Nachfristsetzung zur Begründung eines Zinsanspruches nicht mehr voraussetzt. Danach kommt der Auftraggeber spätestens 30 Tage nach Zugang der Rechnung in Zahlungsverzug. Die Regelung wurde der Vorschrift des § 286 Abs. 3 BGB angeglichen.

 

Bei einer Stundenlohnvereinbarung muss der Unternehmer umfassend zur Organisation seiner Leistungserbringung vortragen.

28.11.2012

Um Stundenlohnabrechnungen vor Gericht geltend zu machen, ist ein ausführlicher Prozessvortrag mit sekundärer Darlegungslast erforderlich.

Ausgangssituation:
Bei Stundenlohnvereinbarungen entsteht häufig Streit über Höhe der abgerechneten Stunden. Nicht immer kann der Unternehmer mit einem formgerechten und von der richtigen Person unterzeichneten Stundenzettel ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorweisen. Im Vergütungsprozess ist dann häufig Beweis über die erbrachten Leistungen und die diesbezüglich tatsächlich angefallene Zeit zu erheben. Wendet der Besteller gegen die Anzahl der eingeklagten Stunden ein, die Betriebsorganisation des Unternehmers sei unwirtschaftliche organisiert, so ist auch hierüber Beweis zu erheben.

Beispiel:
(Nach BGH, Beschluss vom 08.03.2012 - VII ZR 51/10)
Ein Architekt für den Umbau eines Einfamilienhauses auf Basis einer Stundenvereinbarung hatte Leistungen der Planung, Vergabe und Bauüberwachung übernommen. Er stellte abschlagsweise Stundenlohnrechnungen und erhielt diese auch bezahlt. Zum Ende der Arbeiten entstand Streit, so dass der Architektenvertrag gekündigt wurde und der Architekt seine Schlussrechnung stellte. Hierauf Zeiten die Besteller nicht, sondern forderten einen bereits gezahlten Betrag in Höhe von ca. 50.000 € zurück.

Mit Zeugenbeweis konnte der Architekt zunächst einen Teil der abgerechneten Stunden nachweisen. Die Besteller haben sich jedoch nicht nur auf Tatsachenebene gegen die Stunden gewandt, sondern einen rechtlichen Einwand gegen das Bestehen der Vergütungsforderung des Architekten erhoben. Sie waren der Auffassung, dass der Architekt gegen das Gebot der wirtschaftlichen Betriebsführung verstoßen habe, was eine Verletzung einer Nebenpflicht darstelle. Diese könne einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 282 BGB begründen.


Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, wurde vom Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 17.04.2009 (Az.: VII ZR 164/07 = BauR 2009, 1162) vertreten und nun nochmals bestätigt. In dieser Entscheidung bestand das Problem daher nicht in materiellrechtlicher Hinsicht, sondern war prozessualer Natur. Dem Besteller muss eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht werden. Aus diesem Grunde traf den Architekten eine so genannte sekundäre Darlegungslast zu der Art und dem Umfang der abgerechneten Leistungen. Nur auf Basis dieser Informationen kann der Besteller seine Behauptung der Unwirtschaftlichkeit der hierfür angesetzten Stunden konkretisieren.

Das Berufungsgericht war auch davon ausgegangen, dass der Architekt die Wirtschaftlichkeit seiner Leistungen beweisen müsse. In Bezug auf die Verletzung einer Nebenpflicht wäre dies jedoch ein Entlastungsbeweis, der den Architekten nicht trifft. Nach der Entscheidung des BGH bleibt es daher dabei, dass der Besteller eine von ihm behauptete Pflichtverletzung des Architekten darzulegen und zu beweisen hat, was allgemeinen Grundsätzen entspricht. Dies muss ihm der Architekt allerdings ermöglichen.

Demnach gilt folgendes:
Der Besteller kann pauschal behaupten, die Leistungserbringung des Unternehmers sei unwirtschaftlich gewesen. Daraufhin muss der Unternehmer je nach Einzelfall genügend zu den abgerechneten Leistungen ausführen, damit der Besteller diesbezüglich eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit vornehmen und dementsprechend Tatsachen vortragen und unter Beweis stellen kann. Im vorliegenden Fall hatte der Architekt diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt.

Hinweis:
Die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast einer Prozesspartei als Voraussetzung für einen Anspruch der anderen Prozesspartei sowie deren Darlegungs- und Beweislast sind allgemein gültig. Sie sind heranzuziehen, unabhängig davon ob der Unternehmer Werklohn auf Stundenbasis einklagt oder ob der Besteller Rückforderungen aufgrund einer behaupteten Überzahlung geltend macht.


Die Anforderungen an diese sekundäre Darlegungslast sind hoch. Ihnen kann wohl nur genügt werden, wenn bereits auf der Baustelle bzw. bei Erbringung der Leistungen eine saubere und ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeiten und der Zeiten erfolgt ist. Auch wenn immer im Einzelfall zu prüfen wäre, welche Detailtiefe ausreicht, so kann nur dazu geraten werden, den Grundsätzen des OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2012, Az.: 24 U 61/11 zu entsprechen, wonach konkrete und einzelne Tätigkeiten des jeweiligen einzelnen Mitarbeiters genau nach Datum und Zeitraum notiert werden. Dies kann wie in der Entscheidung des OLG Hamm sogar so weit gehen, dass in einem Architekturbüro die Planungstätigkeit unter genauer Zuordnung zur jeweiligen Plannummer notiert ist. Der Rechtsanwalt, der eine Vergütungsklage erhebt, sollte daher bereits zu diesem Zeitpunkt prüfen, ob er bzw. sein Mandant einer später gegebenenfalls notwendigen sekundären Darlegungslast genügen kann, falls der Prozessgegner die Einrede eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot erhebt.